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Wohin kann man noch gehen, wenn man schon ganz oben angekommen ist? Das war die Frage, die sich Bring Me The Horizon stellte,
als sie ihre "Sempiternal"-Ära mit einem spektakulären ausverkauften Konzert in der Londoner Wembley Arena beendet hatten.
Das 2013 erschienen Album "Sempiternal", ein gewaltiges, Genre-vereinendes Werk, das den Briten den Ruf einbrachte, eine der
ambitioniertesten Metalbands unserer Zeit zu sein, war ein überwältigender, weltweiter Erfolg. Es schoss in die Top 3 der
britischen Charts und erreichte Goldstatus, kletterte bis auf Platz eins der australischen Charts und peakte in den Top 15
der US Charts. Unermüdlich tourten sie rund um den Globus, wo sie auch hinkamen versetzten sie Fans in Euphorie, und bei jeder
Rückkehr mussten größere Hallen gebucht werden als beim letzten Mal. Sie triumphierten bei Festivals in ihrer britischen Heimat,
wie Download, Reading und Leeds, bei der Vans Warped Tour in den USA, beim Soundwave-Festival in Australien oder beim Kubana-Festival
in Russland. Überall waren Bring Me The Horizon jene Band, die die heftigsten Publikums-Reaktionen hervorrief.
Dank Songs wie "Shadow Moses" und "Can You Feel My Heart", die sogar den Weg in die Tagesprogramm-Playlisten von BBC Radio
1 fanden, gelang es der Band, aus dem für gewöhnlich unentrinnbaren Metalcore-Ghetto auszubrechen. Ihre unwiderstehlichen
Melodien, hochintelligenten Texte und ihr dynamischer, unzähmbarer Spirit zogen sowohl Popfans als auch Alternative-Kids in
den Bann. BMTH waren die aufregendste Rockband des Planeten.
"Wenn man ein Album veröffentlicht, gibt es normalerweise Höhen und Tiefen", erklärt Frontmann Oli Sykes. "Man spielt in einer
ausverkauften Brixton Academy, fährt danach zu einem Festival und muss sich darauf gefasst machen, mit Scheiße beworfen zu
werden. Mit ?Sempiternal' war es das erste Mal, dass einfach alles durchweg überwältigend positiv war."
Und dann natürlich Wembley. Ein atemberaubendes Erlebnis im Dezember 2014, angefeuert von 12.500 manischen, moschenden Fans
- eindrucksvoll in Bild und Ton auf der DVD "Live At Wembley" für die Nachwelt festgehalten. Ein Erlebnis, das Keyboarder
und Programmierer Jordan Fish mit den Worten "der Höhepunkt von Allem" beschreibt. "Man hatte das Gefühl, dass wir ein nächstes
Level erreicht haben", sagt er. "Eigentlich war es fast so, als wenn wir plötzlich eine andere Band sind."
Viele Berufskollegen wären wohl mit dem Erreichten zufrieden gewesen und hätten sich für einige Zeit auf den Lorbeeren ausgeruht.
Und sicher hätte es Zeiten gegeben, in denen Bring Me The Horizon das ebenfalls so gehandhabt hätten. Nach ihrem Durchbruch
mit dem dritten Album "There Is A Hell, Believe Me I've Seen It. There Is A Heaven, Let's Keep It A Secret" im Jahr 2010 hatte
die Band noch eine lange Pause benötigt, um sich von dem Hochofen namens Tour-Stress zu erholen und über die nächsten musikalischen
Schritte nach denken zu können, um ihre geschundenen Körper und ermatteten Geister zu regenerieren und alle möglichen persönlichen
Angelegenheiten und Probleme aus der Welt zu schaffen.
"Dieses Mal gab es nichts derlei", sagt Fish. "Wir mussten musikalisch nichts beweisen und es gab keine persönlichen Differenzen,
mit denen man sich auseinander setzen musste. Alle kommen miteinander klar, alle sind happy. Wir mussten uns von nichts erholen,
denn wir fühlten uns prima."
Ganz wie der Name schon impliziert, sind Bring Me The Horizon stets auf der Suche nach dem nächsten Ziel. Sykes erinnert sich
an die Zeit kurz vor dem Wembley-Konzert: "Ich fühlte mich, als könnte ich sogar noch bessere Songs schreiben als auf ?Sempiternal'".
Und obwohl ihnen Management und Label nach Weihnachten eine mehrmonatige Pause gegönnt hätten, fand sich die Band - Fish,
Sykes, Gitarrist Lee Malia, Bassist Matt Kean und Drummer Matt Nicholls - sofort nach den Feiertagen wieder zusammen. Es juckte
sie gewaltig in den Fingern und sie machten das, was das ganze Land am 2. Januar macht: sie gingen wieder zur Arbeit.
Es fing zunächst ganz gemächlich an, sie begannen, Songs zu schreiben, während draußen der klirrend kalte Winter Sheffield
fest im Griff hatte. Doch schon bald begann die Sache Gestalt anzunehmen - u.a. inspiriert durch die euphorisierende Dance-Musik,
die sie hörten und ihrer eigenen Non-Album-Single "Drown", einer etwas eingängigerer Variante ihres Trademark-haften, hochintensiven
Electronic-Rocks. Der Erfolg des Songs, der ihnen den ersten Top 20-Hit in ihren Heimat bescherte und sich zum Top Ten-Hit
in den US-Rockcharts entwickelte, ermutigte Sykes und Fish (der nach seinem Bandbeitritt während der Arbeiten an "Sempiternal"
nunmehr voll integriert ist), den Posten als Co-Produzenten des Albums zu übernehmen. "'Drown' war einfach großartig für uns",
sagt Fish. "Es gab uns die Gewissheit, dass wir diese Art von Band sein können, wenn wir nur wollen: nicht nur eine Metalcore-Band,
sondern eine Band, die jeder mögen kann."
"Wir hatten aus der ?Breakdowns & Screaming'-Sache so ziemlich alles herausgequetscht, was möglich war", sagt Sykes. "Eine
der Herausforderungen, die wir uns selbst gesetzt hatten, war, dass jeder Song die Leute so hart wie nur möglich treffen sollte
- aber ohne dass wir uns wiederholen."
Sykes brachte denselben Drive in die Sessions wie bei den vier Alben zuvor, auch wenn er seinen Gesangstil etwas weiterentwickelt
hatte. Er war jetzt mehr soulful und er schrie weniger. "Mit dem Schreien kannst du kaum mehr transportieren als Wut und Verzweiflung",
zuckt Sykes mit den Schultern, "aber diesmal wollten wir wesentlich mehr zum Ausdruck bringen." Textlich war "Sempiternal"
eigentlich ein Konzeptalbum gewesen, das von seinem Kampf mit der Sucht handelte. Diesmal war sein Leben allerdings in wesentlich
ruhigerem Fahrwasser und Sykes behandelte Themen, die Fish mit den Worten: "die Last, mit der man sich herumschlagen muss,
wenn dein Leben geordnet und glücklich ist" umschreibt. "Wir alle haben dieses ?War's das jetzt?'-Gefühl", erklärt Fish. "Es
geht darum, das Licht in der Dunkelheit zu finden", konkretisiert Sykes. "Selbst meine schlimmsten Erfahrungen haben mich
an diesen Punkt gebracht: in der Schule wurde ich schikaniert, meine Drogensucht, die Menschen, die mich ungerecht behandelt
haben - ich habe diese Sachen genommen und etwas Großartiges daraus gemacht."
Die neu gefundene Balance zwischen Positivität und Melancholie, die Sykes' These entsprang, dass der schlechteste Weg mit
Problemen umzugehen derjenige ist, diese sie zu ignorieren, schlug sich langsam auch in der Musik nieder. Die Band schuf ihre
unmittelbarsten, unwiderstehlichsten Songs bislang - eine der härtesten Bands unsere Zeit hatte eine neue Leichtigkeit entdeckt.
Es gab Phasen, in denen BMTH vorsätzlich einen "really fucking heavy" Song schreiben wollten, dann jedoch beschlossen, weiter
ihren Instinkten zu folgen. "Wenn man Songs schreibt, muss man seinem Bauchgefühl trauen", sagt Fish. "Denn sonst fällt alles
ganz schnell in sich zusammen. Und die Menschen durchschauen es."
Die Band brach ihre Zelte im eisigen Sheffield ab und machte sich auf den Weg auf die griechische Insel Santorini, wo die
Musiker auf schwarzem Sand den Sonnenschein in sich aufsogen, mit Motorollern die gesamte Insel abklapperten und zwischen
den Sessions in den Black Rock Studios mit der Menschen der Insel ausgelassene Partys feierten. Das Ergebnis der Aufnahmen
liegt nun vor: das Album "That's The Spirit".
Auf Santorini waren ihre Songs wie die Feigenbäume aufgeblüht, die es auf der Insel in so großer Zahl gibt. Wie z.B. der Album-Opener
"Doomed", ein atemberaubendes Stück Musikalität, das die verbesserten Skills jedes einzelnen Mitglieds demonstriert, ausgestattet
mit einem Refrain von der Größe des Burj Khalifa-Wolkenkratzers. Dann folgt "Happy Song", ein beißend sarkastisches, aber
dennoch unfassbar ansteckendes Stück Cheerleader-Pychedelic-Pop.
Natürlich finden sich auf "That's The Spirit" auch wütende Brachial-Hymnen wie "Throne", subtile, aber nicht weniger gemeingefährliche
Post-Hardcore-Nummern wie "True Friends" (die - Achtung! - von einem Oscar Wilde-Zitat inspiriert ist) und mitreißende Alternative-Rock-Nummer
wie "Avalanche". Andere Songs überraschen wiederum mit neuen musikalischen Einflüssen, wie z.B. das leicht Dancehall-angehauchte
"Run" oder "Blasphemy", das eine latent bedrohliche, urbane Stimmung verbreitet. Sykes' Stimme zählt zu den jenen mit dem
höchsten Wiedererkennungswert im Rock, wurde auf "That's The Spirit" jedoch neu definiert. Sie ist einerseits wesentlich abwechslungsreicher,
andererseits jedoch genauso markant wie zuvor. Und es gibt sogar - man glaubt es kaum - ein Saxophon-Solo (!) auf dem epischen
Album-Abschluss-Song "Oh No".
"Wir waren uns nicht sicher: Können wir das wirklich bringen?'", schmunzelt Fish. "Es stellte sich die Frage: Wir lieben es
sehr und es klingt, als wenn es da hingehört, aber ist es wirklich akzeptabel, einen Bring Me The Horizon-Song mit einem Sax-Solo
zu haben?' Ich nehme an, die Antwort ist? wir werden sehen. Diejenigen, denen es einzig und alleine nur um ?Heaviness' in
der Musik geht, sollten der Band ohnehin schon vor langer Zeit den Rücken gekehrt haben."
Aber das haben sie nicht. Ausgehend von ihren stilistisch puristischen Anfängen als Metalcore-Band im Jahr 2003, ist Bring
Me The Horizon das seltene Kunststück gelungen, als Band nicht nur den eigenen Horizont stets erweitert zu haben, sondern
auch den von allen anderen. Das ist auch der Grund, warum es die Band mit der rasantesten Entwicklung auf diesem Planeten
ist. Denn in einer Welt, in der zu viele Band auf Nummer Sicher gehen und stur auf ihrem vorherbestimmten Weg verweilen, brechen
BMTH immer wieder aus den althergebrachten Grenzen aus, nehmen dabei ihre treuen Die-Hard-Fans mit und gewinnen auf der anderen
Seite ständig neue Hörer hinzu.
"That's The Spirit" ist, wie alle großen Alben, anders als das, was es davor gab, doch es ist mindestens genau so aufregend.
Es ist ein Album, das dazu bestimmt ist, die Mainstreamkultur zu infiltrieren, zu untergraben und für immer zu verändern,
so wie es die Welt seit "Hybrid Theory" oder "The Black Parade" nicht mehr erlebt hat.
"DAS ist die Art von Band, die wir sein wollen", schwärmt Fish. "Da draußen gibt es eine neue Generation, die es nicht als
Stigma empfindet, wenn man als Metalband in den Charts ist. Wir können diese Band sein: die Band, die die Menschen zur Rockmusik
bringt."
"Als Band mussten wir immer kämpfen, um die Leute zu überzeugen", erinnert sich Sykes. "Dieses Mal wollen die Menschen hören,
was wir zu bieten haben. Alle sind gierig darauf und jeder ist aufgeregt. Das ist etwas, das nur wenigen Bands glückt. Ich
möchte nicht, dass wir nur eine Band für Metalheads sind. Ich möchte, dass wir eine Band sind, die den nächsten Schritt geht,
aber immer ihren Wurzeln treu ist und deren Fans alle Arten von Musik hören."
"That's The Spirit" ist die Einstiegsdroge für eine neue Generation von Rockfans, erschaffen von einer Band, die sich nicht
aufmacht, die Welt (noch einmal) nur zu erobern, sondern um sie zu verändern.
Wohin kann man noch gehen, wenn man schon ganz oben angekommen ist? Für Bring Me The Horizon ist die Antwort denkbar einfach:
wohin man verdammt noch Mal will?
Bring Me The Horizon sind:
Oliver Sykes: vocals
Matthew Nicholls: drums
Matt Kean: bass
Lee Malia: guitars
Jordan Fish: Programming and Keys